Nachhaltig essen – Dabei denken wir erst mal an: vegetarisch, vegan, pflanzlich, regional, saisonal, bio, vielleicht auch an Methan-Ausstoß durch Fleischproduktion, vielleicht auch Demeter, Bioland oder Unverpackt-Laden. Aber hast du beim Thema nachhaltige Ernährung schonmal an Biodiversität (Artenvielfalt) gedacht?
Wenn nicht, bist du nicht allein. Damit wir alle was lernen können, habe ich mir wissenschaftliche Hilfe ins Boot geholt.
Über Nachhaltigkeit und Ernährung beantwortet heute Lynn Wagner unsere Fragen. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Osnabrück, Fakultät für Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur.
Vielen Dank, Frau Wagner, dass Sie uns zeigen, was nachhaltige Ernährung bedeutet und wie unsere Lebensmittel sich auf die Artenvielfalt auswirken.
Und hey, bevor wir ins Interview starten: Interessiert dich mein Rezept für Schoko-Muffins mit reduziertem Anteil tierischer Lebensmittel – oder als vegane Variante? Kennst du schon die Bewegung zu Clean Eating? Und hast du Lust in diesem Jahr Powerfood zu entdecken, das direkt vor deiner Haustür wächst?
Nachhaltige Ernährung – Wie kann das definiert werden?
Und welche Themen gehören zur nachhaltigen Ernährung?
Was wir essen, bestimmt nicht nur, was auf unseren Tellern landet, sondern auch welche Nährstoffe unserem Körper zugefügt, welche Ressourcen für die Herstellung der Lebensmittel verbraucht oder wie Nutztiere gehalten werden.
Eine nachhaltige Ernährung meint vor diesem Hintergrund eine umweltverträgliche, sozialverträgliche, gesundheitsförderliche und erschwingliche Ernährung.
Konkreter bedeutet das: die Ernährung ist ressourcenleicht, schützt die Biodiversität, berücksichtigt soziale Belange entlang der Wertschöpfungskette wie beispielsweise menschenwürdige Arbeitsbedingungen und ist gesund für Mensch und Tier.
Eine nachhaltige Ernährung adressiert also gleichermaßen die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Gesellschaft und Wirtschaft
Darüber hinaus ist eine nachhaltige Ernährung auch eng mit dem Bereich Gesundheit verknüpft, denn eine gesunde Ernährung ist häufig auch die nachhaltigere. So zeigen Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche Ernährung und Empfehlungen einer nachhaltigeren Ernährung häufig in die gleiche Richtung.
Biodiversität ist ein großes Thema: Wie hängt das mit Ernährung zusammen?
Mehr als zwei Drittel der prognostizierten Artenverluste auf der Erde werden durch die Landwirtschaft verursacht. Vor allem die Intensivierung der Landwirtschaft trägt unter anderem mit dem Einsatz chemischer und mineralischer Düngemittel, Monokulturen oder Überdüngung durch Intensivtierhaltung dazu bei, das Gleichgewicht der Ökosysteme und darin lebenden Arten zu stören.
Verändert sich die Zusammensetzung des Bodens, des Wassers oder klimatische Bedingungen, hat dies massive Folgen für die dort angesiedelten Tiere und Pflanzen und kann bis zum Aussterben ganzer Arten führen. Unsere Lebensmittelproduktion ist somit der Haupttreiber für den weltweiten Verlust von Biodiversität.
Was für Lebensmittel wir kaufen, wie diese angebaut wurden und wo hat demzufolge einen entscheidenden Einfluss auf die Biodiversität und sollte als zentraler Hebel für den Erhalt der Biodiversität genutzt werden.
Wo findet man Rezepte für eine nachhaltige Ernährung?
Der NAHGAST-Rechner ist ein kostenloses Online-Tool zur Nachhaltigkeitsbewertung von Speisen.
Der Rechner wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojektes „NAHGAST – Nachhaltige Außer-Haus-Gastronomie“ (2015-2021) entwickelt und im Folgeprojekt „BiTe – Biodiversität über den Tellerrand“ (2020-2023) weiterentwickelt und um einen Indikator zur Bewertung der Biodiversität ergänzt. Er adressiert in erster Linie Großküchen, kann aber auch für Privathaushalte interessante Impulse für eine nachhaltige Ernährung bieten.
Denn neben der Bewertung und Optimierung eigener Rezepturen, umfasst der Rechner ebenfalls eine Online-Plattform für nachhaltige Gerichte in der Gemeinschaftsgastronomie.
Was ist „Diversität über den Tellerrand“?
- Die Formulierung stammt aus dem Projekttitel „BiTe – Biodiversität über den Tellerrand“. Im Rahmen des Projekts befassen wir uns neben der Messung von Biodiversitätsverlusten auf Speisen-Ebene auch mit der Aktivierung der Gäste vor Ort – sprich Gäste in Betriebskantinen, Schulmensen und Co.
- Die Gäste sollen durch Aktionen in den Kantinen, wie Biodiversitäts-Comics oder Sammelaktionen, spielerisch an das Thema „Ernährung und Biodiversität“ herangeführt werden und einen Blick „über den Tellerrand“ werfen.
Durch die Kombination aus Informationen, Aktionen und Mittagessen wird eine biodiverse Ernährung direkt erleb- und erfahrbar.